Global Erinnern ist eingebunden in die entwicklungspolitische Bildungsarbeit von glokal e.V. und ein Kooperationsprojekt mit der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland ISD-Bund e.V. und recherche international e.V. Außerdem wird das Projekt von Tahir Della, Eine-Welt-Promotor für diasporische Perspektiven in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit in Berlin, unterstützt. Die Initialzündung für das Projekt kam von unserem 2021 verstorbenen Kollegen Doğan Akhanlı. Doğan setzte sich als Schriftsteller und Aktivist ein für die Durchsetzung der Menschenrechte und die Schaffung eines transnationalen Erinnerungsraums.
Geschichte, wie sie geschrieben, erzählt, erinnert, gelehrt wird, macht meist an nationalen Grenzen halt. Aber die Geschichte des deutschen Staates und der Menschen, die ihn bewohnen, ist viel mehr als das. Deutschland hat einerseits nach Einfluss weit über die Landesgrenzen hinaus gestrebt: Nach der Ausbeutung von Gold, Silber und Arbeitskräften auf anderen Kontinenten, nach Kolonien, Lebensraum und immer neuen Absatzmärkten für deutsche Produkte. Andererseits bringt ein Großteil der Bewohner:innen globale Geschichten mit: Sie haben internationale Familienverbindungen, Einwanderungserfahrungen oder Fluchtgeschichten. Sie haben in verschiedenen Ecken und Enden des Globus Freund:innen oder waren dort aktiv. Viele dieser globalen Geschichten sind mit Orten, Ereignissen, Personen, Institutionen oder Unternehmen in Deutschland verwoben.
Eine solche global vernetzte Geschichte und Gegenwart wird kaum mitgedacht, wenn es um Geschichte, Erinnerung und aktuelle global relevante Themen in Deutschland geht. Darum möchten wir auf der Global Erinnern-Karte ein Archiv solcher historischen und gegenwärtigen Verbindungen zwischen Globalem Süden, Norden, Osten und Westen aufzeichnen und gemeinsam mit unterschiedlichen Menschen und in viele Richtungen immer weiter recherchieren und die Karte füllen. Unser Ziel ist es, zu einer multidirektionalen, globalen Erinnerung (Rothberg 2021 [2009]) aus dekolonialer Perspektive beizutragen und damit neue, inklusivere Perspektiven auf unser heutiges Leben zu schaffen. In diesem Prozess stehen Geschichten von Herrschaft, Unterdrückung, Trauma und Widerstand nicht in Konkurrenz zueinander, sondern treffen solidarisch und empathisch auf-einander.
Wir richten uns mit dem Projekt an Schüler*innen, Jugendliche, junge und ältere Erwachsene, Multiplikator*innen, Museumsmitarbeiter*innen und die breitere Öffentlichkeit. Denn Beispiele für globale Verbindungen und Geschichten, z.B. von Unterdrückung und Widerstand, kann man an vielen Orten finden! Nur sind diese Geschichte(n) oft nicht aufgeschrieben, ihre globalen Verbindungen werden nicht erinnert und sie müssen „ausgegraben“ werden.
Hauptmaßnahme des Projektes war 2020-2022 die Entwicklung einer digitalen Landkarte in Berlin, Bremen, Frankfurt, Kassel und Köln in Zusammenarbeit mit lokalen Gruppen und Recherchierenden. Diese Karte zeigt in bisher fünf Städten durch thematische Touren, Ereignisse und Biographien lokal-globale Zusammenhänge auf und fördert so die Wahrnehmung internationaler Verbundenheit durch gemeinsame Globalgeschichte. Bestandteile des Projektes sind Bildungsmaßnahmen und die Weiterentwicklung und Übersetzung bestehender globalgeschichtlicher Materialien wie dem eLearning Tool connecting the dots. Geschichte(n) von Unterdrückung und Widerstand. Der erste Projektdurchlauf dauerte von Mai 2020 bis Ende Dezember 2022. Im zweiten Projektdurchlauf von 2023 bis 2024 möchten wir die Karte auf neue Städte ausweiten und auf dieser Basis noch mehr Bildungsarbeit durchführen.
Wir danken dem Technikkollektiv StinPriza in Athen/Griechenland für die Programmierung der Webseite, dem Künstler Frank Mindja in Yaundé/Kamerun für die Gestaltung der Illustrationen und Comics und Lore Graf in Kassel/Deutschland für Recherchen, das Lektorat und unendlich viel Detailarbeit.
Das Projekt wird gefördert durch Engagement Global mit finanzieller Unterstützung des BMZ, sowie aus Haushaltsmitteln des Landes Berlin – Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit und von Brot für die Welt und unterstützt vom Eine-Welt-Promotor Tahir Della.